Montag, Februar 05, 2007

Aus dem Reich der Mitte


Ich bin immer noch völlig geflasht von den Ereignissen hier.

Gestern habe ich im Gedanken schon meine Kündigung verfasst und Pläne geschmiedet, wie sich eine alternative Zukunft gestalten ließe. Alles Männer hier und keiner schaut mir in die Augen und nimmt mich für voll. Kam dann auch noch hinzu, dass auch fachlich bei mir noch große Lücken klaffen. ICH WAR FERTIG. Wollte zurück zu Butting, in vertrautes Fahrwasser. Zu westlichen Sitten beim Essen und Themen wo ich mitreden kann.

Aber der Reihe nach. Gestern nach 30 Stunden ohne Schlaf sollte eigentlich ein inoffizielles Dinner mit unserem Kooperationspartner stattfinden. Aber es kam Lektion Nummer eins: Planänderung. Nichts mit fix und firm. Hatte ich mich in Deutschland doch schon im Detail auf die einzelnen Firmen die wir treffen sollten vorbereitet, konnte ich diese Vorbereitung getrost in die Tonne treten. Angesagt war ein offizielles Dinner mit Guangzhou Shipyard. O.k., Haare strähnig und fettig and only half an hour left to get dressed up for an official dinner. Da muss man dann durch. Und überhaupt: HILFE! Ich bin doch gerade erst angekommen. Will mich erstmal vertraut machen mit der Umgebung, den Menschen. Aber nix is. Muss man durch.

Und es war wie vermutet. Schrecklich steif. 12 Machos, Herr Schmidt und ich. Man isst mit den wichtigen Leuten nicht etwa zusammen im Großraumlokal gemeinsam mit dem Pöbel, sondern im Separée. Und dann kamdas Essen. Gefühlte 20 unterdrückte Frauen servieren es. Ich hatte keine Chance. Die Herren rechts und links von mir schaufeln alles ungefragt auf meinen Teller. Hatte ich da noch einen Würgereiz nach dem anderen, da die servierten Sachen noch Schnäbel, Füße, Borsten, Köpfe inklusive Augen und sonstige Extremitäten an sich baumeln hatten, war dieser Ekel schon verschwunden. Das Rezept zum „Nicht-Kotzen“? Nicht fragen. Einfach essen. Und schon gar nicht im Nachhinein grübeln: „Habe ich wohl schon Hund gegessen?“ Und dabei erst Recht nicht an so Darlings wie Jette denken. Nein, dann kommt es ganz bestimmt wieder oben raus– das Essen. Und bei allem was ich bisher schon probiert habe, muss ich sagen, dass die Gänseleber mit der darunter liegenden Zunge bisher das Ekeligste war. Alles andere war in Ordnung. Auch die Schlange, von der ich nicht wusste, dass es eine war. Uah. „Sagen’se mal, Herr Schmidt, was waren eigentlich diese Knochengerüste, die man abknabbern musste?“ „Das war Schlange, Frau Burghardt.“ Achso, ne, is’ klar. Gott sei Dank war das Essen schon verdaut und daher kein spontaner Brechreiz mehr möglich. Ein großer Fehler meinerseits dann noch, dass ich, als alle anfingen zu rauchen, Herrn Schmidt um eine Kippe bat. Alle schauten mich an. Und waren so erleichtert mich rauchen zu sehen. Normalerweise schmöken die hier während des gesamten Essens. Nur aus Rücksichtnahme auf mich, unterließ man das bisher. Soweit so gut. Aber heute bekam ich dann die Quittung. Die Mär von der quarzenden Deutsch sprach sich schnell herum und so forderte mich alle 5 Minuten ein anderer Chinese auf, eine von seinen Kippen zu testen. Erklär mal einer diesen Typen, dass man eigentlich nur alle 2 Monate mal eine schmökt. Das glaubt dir hier kein Schwein.

Heute morgen dann nach einer fast durchwachten Nacht (Mama, das nächste Mal gibst Du mir gefälligst Drogen mit auf den Weg!) war es dann nicht besser. Wir besuchten Guangzhou Wenchong Shipyard. Und mir wurde klar: „Gott, ich habe keinen Schimmer, was die hier sabbeln.“ Wie furchtbar. Und es folgte ein Official Lunch, mit diesen Leuten. Ohne großen Unterschied, zu dem Official Dinner gestern abend.

Heute abend dann nach den Business Affairs, dann endlich mal ein inoffizielles Dinner. Und das war wirklich richtig nett. Am Ende habe ich sozusagen meinen Mann gestanden und die Herren um den Finger gewickelt. Auch wenn sie das niemals zugeben würden, aber Frau hat so was einfach im Gefühl. Spätestens als ich meine Ärmel hochgekrempelt hatte, um mit Mr. Zhang Armdrücken zu machen war die Sache geritzt. :-) „Mr. Zhang, try to be a gentleman… Uah… Mr. Zhang- you really have to try harder.“ Aber nix is’… Ich wurde besiegt. (Note to myself: vor dem nächsten Trip muss ich unbedingt meinen Bizeps trainieren…)

So, und nun sitze ich hier und will zumindest noch meine ersten Fotos online stellen.

Ich vermisse Euch schrecklich. Alles ist so anders hier. Nicht unbedingt schlecht, aber wirklich strange.



Mr. Schmidt und Bill vor dem ersten offiziellen Dinner



Me and the duck head (in meiner Hand- nicht der Typ neben mir...)


Even more duck (or pigeon or whatsoever) heads...



Guangzhou Wenchong Shipyard




Alles hört auf mein Kommando. Uuuuuunnnd... loooos!!


Schneller, schneller, schneller!!!



Kidding with Mr. Zhang

Me finally :o)




6 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Beeindruckend! Halte durch, mein Schatz :-) Aber nicht, dass es so ein Essen in Zukunft auch bei uns geben wird...?!

Vestigiumleones hat gesagt…

WAS FÜR EIN ABENTEUER! Vielleicht jagd ja Dr. "Indiana" Jones noch einen sagenhaften Diamanten über die Werft oder wird von eine Duck Head vergiftet und Du mußt ihn retten!!

Anonym hat gesagt…

Oh Gott! Nina, in Gedanken bin ich bei Dir aber ich möchte nicht mal meinen Hausbaustress gegen das, was Du da gerade erlebst tauschen. Ich kann Dir auch nur sagen: HALT DURCH! Ich denke Jörni wird dir ganz leckere Nudeln kochen, wenn Du wieder zurück bist! Gell?!
Fühl Dich gaaaanz lieb gedrückt!
Knutscha! D.

Anonym hat gesagt…

Das lange Warten auf den nächsten Beitrag hat sich echt gelohnt :-)))
Bleib stark und mach sie alle fertig *grins*

Ich drück Dich

Anonym hat gesagt…

Tja, Nina-Kind ich befürchte, bei solchen Horrortripps helfen noch nicht mal Drogen, es sei denn, du verabreichst sie euren Geschäftpartnern.- Ach, und das mit dem Essen Kind, das wird schon. Vielleicht wollen sie nur wissen, wo deine Schmerzgrenze diesbezüglich liegt.- Also, zeigs Ihnen u. Kopf hoch.
Liebe Grüße und Küßchen von M+P

renner hat gesagt…

Nane und Anke grüßen dich ganz herzlich und halt die Ohren steif. Ich finde du machst eine prima Diät. Wir freuen uns schon auf deine Rückkehr.